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boehlerit_magazin16

Nokia, einst der Maßstab im Bereich Mobilkommunikation ist ebenso ein bedauernswerter Fall für die Geschichte. Drei bis vier Jahre nach der Präsentation des iPhones war die Marke weg vom Markt, weil die verantwortlichen Manager und Techniker das Wischen und Tippen an großen Displays viel zu lange für lächerlichen Kinderkram hielten. Nun ist natürlich die Kfz-Industrie viel breiter und mächtiger aufgestellt, als ein Unternehmen aus der Foto- bzw. Mobilfunkbranche. Aber manche Trends und Entwicklungen sollten dennoch zu denken geben. Sowohl in Europa, als auch in den USA hat bei Jugendlichen in Ballungsräumen der Wunsch nach dem eigenen Auto deutlich nachgelassen, selbst die Zahl der abgelegten Führerscheinprüfungen geht zurück. Der Wunsch nach Mobilität ist aber nach wie vor hoch, dieser wird durch öffentli- che Verkehrsmittel, Car-Sharing und Leihautos befriedigt. Fahrten im innerstädtischen Bereich zu Einkaufs-, Sport- oder Kinozentren bieten sich mit e-Autos geradezu an. Zeit zum Aufladen ist in diesem Fall vorhanden. Auf jeden Fall verbessert sich die Infrastruktur laufend. Eine gemeinsame Firma von Verbund und Siemens, „smatrics“, bietet in Österreich flächendeckend Ladestationen an, es gibt Apps für Smart- phones, die Ladestationen anzeigen, viele davon sind gratis. Hinsichtlich der Imagewerte haben e-Autos die Nase ganz weit vorne. Wer einmal gesehen hat, wie eine ganze Gruppe von Jugendli- chen aus der Straßenbahn springt, nur weil ein Tesla gerade einparkt, bekommt eine Ahnung, dass sich am Markt schon etwas enorm bewegt hat. Praktisch alle großen Autohersteller haben mittlerweile rein elek- trische Modelle am Markt. Volkswagen bietet den e-up und den e-Golf an, BMW den i3, Renault den Zoe und Kangoo Z.E, Citroen den Ber- lingo und C-Zero, Ford den Focus Electric, Mitsubishi den i-Miev, Nissan den e-NV 200 und Leaf Visia, Peugeot den i-on sowie smart den fortwo electric. Das kalifornische Unternehmen Tesla startete im Jahr 2003 und brachte zuerst den zweisitzigen Roadster, dann das Model S auf den Markt. Ab 2016 soll mit dem Model X erstmals eine breite Kundenschicht angesprochen werden. Der wichtigste Unterschied zu allen anderen Herstellern: Es werden ausschließlich Elektroautos gefertigt. Das macht Tesla so einzigartig und sichert den Wettbewerbsvorteil. Das Auto besteht, überspitzt formuliert, nur aus Akkus, Fahrgestell und Software. Gesteuert wird jedes Detail, vom Abblendlicht über Bodenabstand, Federung bis zum Webbrowser am riesigen 17-Zoll-Schirm. Das Auto ist immer mit dem Internet verbunden, der laufende Datentarif im In- und Ausland ist im Kaufpreis inbegriffen. Der Autoschlüssel hat die Form eines Miniatur-Teslas, wenn man sich dem Fahrzeug nähert, kommen die Griffe aus der Versenkung, die Spiegel klappen auf und bei voller Ladung sind mindestens 400 km an Reichweite drinnen, es können auch gut zehn bis 15 Prozent mehr sein. In der höchsten Leistungsklasse beschleunigt das Auto in 3,4 Sekunden auf 100 km/h. – Selbst bei „ein- fachen“ e-Autos gilt, und das ist ein Vorteil gegenüber jedem Verbren- nungsmotor: Das volle Drehmoment ist beim e-Motor bei jeder Drehzahl unmittelbar verfügbar. Elektromobilität stellt die jetzige Autoindustrie vor immense Her- ausforderungen. Und zwar in zwei Richtungen. Erstens muss bis zum Jahr 2020 der Flottenausstoß von CO2 auf 95 g/km gesenkt werden. Aktuell liegt dieser bei rund 130 g. Derzeit streiten sich die Industrie und Politik darüber, mit welchem Faktor e-Autos dabei berücksichtigt wer- den. Zum zweiten: Die Autohersteller haben es geschafft, das hochkom- plexe System von Steuerungssystemen, Einspritzpumpe bzw. Vergaser, Verbrennungsmotor, Getriebe, Kupplung... zu perfektionieren. Die neuen Hersteller von e-Autos haben diesen enormen technischen Aufwand nicht zu schultern. Hier werden viele Marken entstehen, die wir heute noch gar nicht kennen oder die bislang eher mit High-Tech-Elektronik berühmt sind. Wahrscheinlich wird der große Boom in der Elektromobilität auch gar nicht in Europa loslegen, sondern in Asien. Von den 15 größten Städten der Welt liegen vier in China, mit insgesamt rund 55 Mio.(!) Ein- wohnern. Ohne einen Quantensprung bei der Bewältigung der Mobilität wird diesen Metropolen sprichwörtlich die Luft ausgehen. Noch ist Elek- tromobilität ein Nischenprodukt. Die Bundesregierung glaubt so sehr an diese Technologie, dass sie binnen sechs Jahren 200.000 e-Fahrzeuge auf die Straße bringen will. Killerargumente sind schnell gefunden, der Preis und die Reichweite. Aber: Im Schnitt werden in Österreich pro Tag und Autofahrer 36 km gefahren, und jede zweite Fahrt ist fünf Kilometer lang. Der Preis der Autos ist immer noch höher, in der Produktion fehlen schlicht immer noch entsprechende Stückzahlen. Dafür ist der Erhalt deutlich günstiger (keine Ölwechsel, keine Kupplung, kein Zahnriemen, kein neues Getriebe...) und der Strom für die Fortbewegung kostet rund ein Zehntel. Und eines noch: Ende der 80er-Jahre wog ein Mobiltelefon 15 kg und kostete mehr als 5.000 Euro, die Minute fast 1,5 Euro. Heute ist das multimediale Wunderwerk keine sieben Millimeter dünn und man be- kommt es zum Zeitungsabo dazu. Die Technik des alten Kastens ist so plump wie eine Keule im Vergleich zu einer Rasierklinge. Und ein aller- letzter Gedanke: Wenn die Maiskörner im Öl der heißen Pfanne liegen, passiert zuerst gar nichts, dann macht es popp, popp, popppoppp, popp- popp... Wehe, man kriegt dann den Deckel nicht rechtzeitig drauf. Denn sonst ist das Zimmer voll. Ähnliches passiert, wenn etwas die erwartete lineare Entwicklung verlässt. Nokia und Kodak lassen grüßen. Und was bedeutet der Elektromotor für die Zerspanungsbranche?!?! • Keine Kurbelwellen, Kolben, Pleuel, Zylinder, Getriebe, Einspritzpumpen, usw. mehr – der Bedarf an Zerspanungswerkzeugen bei der E-Motorenherstellung würde um 80 % zurückgehen. • Umgekehrt würde beim Hybridmotor der Bedarf an Zerspanungswerkzeugen um 20 % steigen. 023 BOEHLERIT MAGAZIN

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